Prix Média

Wir brauchen exzellenten Wissenschaftsjournalismus. Der Prix Média fördert Medienschaffende mit Recherchebeiträgen und Preisgeldern für spannende Stories und innovative Formate.

«Wir tragen eine grosse Verantwortung»

 

Was passiert mit Forschungsdaten, die nicht benutzt werden? Wie lange werden Sie gespeichert, sollen sie öffentlich zugänglich sein und könnten sie rezykliert werden um neue Fragen zu beantworten? Diesen Fragen will Simone Pengue in einem Dokumentarfilm auf den Grund gehen - mit seinem Wettbewerbsbeitrag für den Prix Média Newcomer.

13. Juli 2021

Autorin: Astrid Tomczak-Plewka

 

Simone Pengue, wie sind Sie auf den PM Newcomer aufmerksam geworden?

Ich arbeite manchmal für die Kommunikationsagentur «catta». Eines Tages schickte mir die Gründerin eine Mail mit der Wettbewerbsausschreibung und dem Hinweis: ‘Hi, das wäre was für Dich’. Und hier bin ich!

 

Wie sind Sie auf Ihr Thema gekommen?

Eigentlich durch eine Einführungsveranstaltung ins Datenmanagement im Rahmen meines Doktoratsstudiums an der Uni Basel. Uns wurde gesagt, was wir mit unseren Daten tun sollten – und ich habe mich dann gefragt: Ok, ich lege meine Daten also auf diesem Server ab – und was dann? Wie lange werden sie dort gespeichert sein, was passiert mit ihnen und wer hat Zugriff darauf? Ich habe dann ein bisschen im Internet recherchiert und festgestellt, dass diese Fragen langsam zum Thema werden. Bei der Umsetzung habe ich mich für den Dokumentarfilm mit deutschen, englischen französischen und italienischen Untertiteln entschieden, weil ich so viel mehr Leute erreichen kann, als wenn ich einen italienischen Text schreibe, wie ich es als Wissenschaftsjournalist sonst tue. Das war also ein pragmatischer Entscheid. Damit erhöhe ich meine Chancen im public voting (lacht)

 

Wie unterscheidet sich der Wissenschaftsjournalismus von anderen Formen des Journalismus?

Wissenschaftsjournalismus braucht viel Kompetenz und Insidererfahrung. Es reicht nicht, sich Wissen anzulesen, man braucht Erfahrung aus der Welt der Forschung. Die Mehrheit der Bevölkerung hat ja nicht so viel Ahnung von Forschung, du kannst ihnen also irgendwas erzählen. Das ist sehr gefährlich, wir tragen also eine grosse Verantwortung und müssen vorsichtig damit sein, was wir mitteilen.

 

«Gerade in der Pandemie hat sich das vermehrt gezeigt: Du musst fähig sein, Daten richtig zu lesen und zu deuten, deren Signifikanz zu beurteilen – sonst schaffst Du nur Verwirrung.» 

 

Was können die «alten Hasen» von Ihnen lernen?

Ehrlich gesagt bin ich der Meinung, dass im Wissenschaftsjournalismus in der Schweiz der Kommunikationsstil revidiert werden sollte. Der Wissenschaftsjournalismus in der Schweiz ist korrekt und qualitativ hochstehend, aber die Herausforderung liegt darin, attraktiver fürs junge Publikum zu werden. Natürlich gibt es auch sehr gute Beispiele – ich kann da vor allem für italienische Produkte sprechen und da kommt mir Giovanni Pellegri in den Sinn, der im ideatorio im Tessin wirklich hervorragende Sachen macht. Im internationalen Kontext denke ich etwa an die BBC.

 

«Ich sehe nicht ein, warum die Schweiz nicht das Level der BBC erreichen kann, wir haben die Voraussetzungen dafür.»

 

Was lernen Sie von den «alten Hasen»?

Journalistische Grundsätze, etwa wie man einen Text strukturiert, Informationen ordnet, was ein guter Texteinstieg ist. Ausserdem den journalistischen Ehrenkodex – man kann nämlich leicht naiv handeln. So hat mir mal eine erfahrene Journalistin gesagt, dass es ein absolutes Tabu ist, über die eigene Forschung zu schreiben. Darüber habe ich nachgedacht und bin zum Schluss gekommen – ja, sie hat Recht! Schliesslich auch ganz praktische Dinge: Wie bewerbe ich als selbständiger Journalist einen Artikel, wieviel Honorar kann ich verlangen? Ich bin sehr dankbar, dass ich im Klub für Wissenschaftsjournalimus Kolleginnen und Kollegen habe, die mich diesbezüglich beraten können.

 

Was würden Sie mit dem Preisgeld machen, sollten Sie gewinnen?

Zunächst mal alle Ausgaben begleichen. Eine Filmproduktion ist sehr aufwändig, das kannst Du nicht alleine machen. Ich habe das Glück, dass mein Bruder Filmemacher ist, er hat sehr viel Arbeit und Zeit investiert, diesen Aufwand möchte ich entschädigen. Zudem habe ich auch einiges an Ausrüstung angeschafft. Dann muss ich die Übersetzung bezahlen. Da das Shooting in Basel stattfindet, ich aber in Luzern lebe und mein Bruder im Tessin habe ich auch extra eine Wohnung gemietet. Insgesamt sind rund ein Dutzend Leute ins, Projekt involviert, Gesprächspartner, Berater oder für special Effekte im Film. Sie alle würde ich gerne zu einem richtig guten Abendessen einladen!

 

Biographie

Simone Pengue (Jg. 1992) ist im Tessin geboren und aufgewachsen und lebt heute in Luzern. Er hat in Como und Fribourg Physik studiert und mit dem Master abgeschlossen. Zurzeit ist er Biophysics Doktorand im Biozentrum an der Universität Basel. Nebst seinem Studium begleitet ihn das Schreiben – so hat er 2020 in einem italienischen Literaturband einen Essay über den italienischen Renaissance-Humanisten Francesco Petrarca publiziert. Kürzlich hat er einen Artikel publiziert, in dem er Dantes 12. Inferno mit Quantenmechanik vergleicht. Seit 2018 ist er auch als freischaffender Wissenschaftsjournalist tätig, seit 2019 ist er Mitglied im Schweizerischen Klub für Wissenschaftsjournalismus. Die Grundlagen fürs Dokumentarfilmen hat er sich in einem Workshop der Akademie der Naturwissenschaften Schweiz angeeignet.