27. Juni 2022
Autorin: Astrid Tomczak-Plewka
Lucas Vimpere, Sie bewerben sich mit einem Videoprojekt über eine ausgestorbene Fischart im Libanon für den Prix Média Newcomer. Warum sollte sich jemand so einen Film anschauen?
Weil es darin um die Klimaerwärmung geht. Es ist bis heute nicht ganz klar, warum in dieser Lagerstätte in Haqel bestimmte Tiere ausgestorben sind. Aber zum Zeitpunkt ihres Verschwindens war die Erdtemperatur rund 8 bis 12 Grad höher als heute. Die Paläontolog:innen und Fossilienforscher:innen können in dieser Lagerstätte also untersuchen, wie Klimaveränderungen die Umwelt beeinflussen. Damit leisten sie nicht nur einen Beitrag zur Grundlagenforschung, sondern auch dazu, Modelle für künftige Veränderungen zu entwickeln.
Sie sind Mitgründer von «SciencEscape», einer NGO, die sich zum Ziel gesetzt hat, Wissenschaft in Form von Videos einem breiten Publikum zugänglich zu machen. Wäre das nicht die Aufgabe von Wissenschaftsjournalisten?
Als Wissenschaftler habe ich mit bestimmten Journalist:innen die Erfahrung gemacht, dass die Botschaft, die wir verbreiten möchten, nicht gut übersetzt wurde. Und das liegt meistens daran, dass es eine Verständnislücke gibt, weil die Journalist:innen keine Wissenschaftler:innen sind – und andererseits viele Wissenschaftler:innen damit kämpfen, ihre Forschung verständlich zu kommunizieren. Uns ist das aber ein Anliegen, und deshalb haben wir SciencEscape begründet. Insbesondere Geolog:innen haben einen schweren Stand, weil die meisten Leute keine Ahnung haben, was wir tun – sie denken, wir sind Geograph:innen.
Also sollten WissenschaftsjournalistInnen einen wissenschaftlichen Hintergrund haben?
Das ist etwas knifflig. Entweder bilden wir Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler darin aus, sich verständlich zu machen oder wir müssen Journalistinnen und Journalisten wissenschaftliche Grundlagen beibringen. Wahrscheinlich braucht es einen Mix von beidem. In letzter Zeit ist der Druck für viele Forscher:innen gestiegen, sich politisch zu ihrem Gebiet zu äussern – gerade bei Themen wie dem Klimawandel oder Corona. Eigentlich ist es aber nicht die Aufgabe von Wissenschaftler:innen, ihre Forschung zu popularisieren. Wenn das jemand kann – wunderbar! Aber ich habe in meinem noch kurzen Leben die Erfahrung gemacht, dass die wenigsten genau erklären können, was sie eigentlich tun. Wahrscheinlich sind Journalistinnen und Journalisten besser dafür geeignet, schliesslich ist es ihr Beruf.
«Entweder bilden wir Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler darin aus, sich verständlich zu machen oder wir müssen Journalistinnen und Journalisten wissenschaftliche Grundlagen beibringen. Wahrscheinlich braucht es einen Mix von beidem.»
Was würden Sie mit dem Preisgeld machen, sollten Sie gewinnen?
Das Projekt im Libanon weiterentwickeln (lacht). Beispielsweise brauchen wir sehr viele Bewilligungen, um Drohnen fliegen zu lassen – und diese Bewilligungen kosten. Wir wollen einen qualitativ besseren Film mit besseren Einstellungen drehen, der auch länger sein soll. Wir wollen auch mehr Interviews führen – und dafür müssen wir vielleicht weitere Reisen in den Libanon unternehmen.
Welches Zielpublikum wollen Sie erreichen?
Alle, die sich für Fragen des Klimas interessieren. Es gibt aber immer weniger Menschen, die sich lange Dokumentationsfilme bis zum Ende anschauen. Wir müssen den Film also kurz halten, maximal 3 bis 5 Minuten, danach hängen die meisten Leute ab. Wenn wir mehr gutes Material haben, wollen wir es in verschiedene Kapitel aufteilen, jedes davon einer Forschungsfrage gewidmet. Wir machen also möglichst viele Aufnahmen und Interviews und entscheiden dann, was wir verwenden. Das hängt natürlich davon ab, wie interessant die Interviews und Gesprächspartner:innen sind.
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